Filmrezensionen

Breaking Blue

»Pelikan Blue« von László Csáki

Budapest unmittelbar nach dem Fall des Eisernen Vorhangs. Drei Freunde und der schnelle… Zug. Der Zug in den Westen, dorthin, wo jahrzehntelang kein Zutritt war. Ákos, Petya und Laci wollen die neue Freiheit kosten, aber leisten können sie sich die teuren Zugtickets nicht. Also wollen sie gefälschte Tickets kaufen, aber der Qualität der Papierzetteln mit Druckfehlern, die ihnen Kumpel anbietet, vertrauen sie nicht. Das können wir besser sagen sie sich und gesagt, besser getan. Also steht ihnen die ganze Welt offen, von Stockholm und London über Paris bis Madrid und Rom. Aber auch ihre Freunde wollen reisen, und bald schon auch deren Freunde. Was klingt wie eine typische kleine Räuberpistole, ist genau das. Die Anfragen steigen, denn das Produkt ist gut, die Technik wird ausgefeilter, die Operation größer und irgendwann ist ihnen die Polizei auf den Fersen. Aber die Drei sind nicht gierig, sie wollen nur den anderen Menschen das ermöglichen, was sie selbst erlebt haben. Damit sind sie praktisch Vorreiter der europäischen Idee und Pioniere der Freizügigkeit. Diese Idee vermittelt der Film sehr schön, vor allem durch die Montage der animierten Bilder mit realen Aufnahmen und nachgesprochenen Erinnerungen der damaligen jungen Reisenden. Die Geschichte kann durch die sehr klassische Handlung aber nicht besonders viel Spannung aufbauen, das wird zum Glück auch nicht künstlich versucht. Alle sind cool und bleiben entspannt, kein unnötiges Drama wird der Geschichte angedichtet – kein Wunder, damals konnte man im Zug ja auch noch einfach das Fenster auf Kipp machen. Trotzdem bekommt man vor dem Ende das Gefühl, das alles schon mal irgendwo gesehen zu haben. Nicht unbedingt besser, aber doch ein wenig spannender.

Sehenswert ist der Film aber trotzdem, die Vorstellung am Hauptbahnhof bietet sich an: Sie ist nicht nur kostenlos, sie passt natürlich auch hervorragend zum Setting. Und dass dieser Film, der das europäische Miteinander und den Drang nach Freiheit in einem unterdrückerischen System feiert, aus Ungarn kommt, wertet die Botschaft zusätzlich auf. Animiert sind die Bilder sehr passend in einem farbenfrohen Stil der neunziger Jahre, die Musik wirkt authentisch, die Typen sind cool, ein paar witzige Anekdoten sind auch dabei (der Titel des Films hat eine ungewöhnliche Inspiration). Und es kann einen beim Schauen schon die Reiselust packen, einfach mal wieder seinen kleinen Rucksack zu packen, das Interrailticket zu fälschen (oder besser zu kaufen) und so richtig die Freiheit zu genießen, jeden Tag in eine andere schöne europäische Stadt zu fahren. ALEXANDER BÖHLE

»Pelikan Blue«

R: László Csáki

Ungarn 2023, 80 Min.

01.11 19:30 Uhr Hauptbahnhof Osthalle

03.11. 11:00 Uhr CineStar 4

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