DOK Leipzig 2023

Vulkane und rote Rosen

»Loving in Between« von Jyoti Mistry

Die Filmprofessorin Jyoti Mistry vollendet ihre Trilogie, indem sie sich Bildern von lustvollem Vergnügen im 20. Jahrhundert zuwendet – zuvor bearbeitete sie rassistische Gewalt (»When I grow up I want to be a black man«) und Femizid (»Cause of Death«). Im Liebes-Thema mag ähnlich ernstes Potenzial liegen wie in den beiden vorangegangenen. Das Archivmaterial aus dem letzten Jahrhundert baut sie jedoch kunstvoll und genau zu einem beschwingten Bilderreigen, der neben roten Rosen, Vulkanausbrüchen und Brunnenfontänen jede Menge Menschen zeigt. Sie baden im Meer, spielen Gitarre am Strand, küssen sich heimlich, treffen sich in der Klappe, treiben Sport, feiern Feste, räkeln sich in hellen Laken. Die Bilder sind so nebeneinander gestellt, dass sich automatisch eine Geschichte zu ereignen scheint. Was zum Beispiel als gut gelaunte Party einer Handvoll hübsch gekleideter Damen begann, scheint sich so zu entwickeln, dass alle sich nach und nach tanzend entkleiden und sich näher kommen. Die queere Vergangenheit zwischen Boxkampf, Cross-Dressing und Fahrradausflug erhält so eine sympathische, freilich imaginierte Selbstverständlichkeit.

Apropos leicht bekleidet: Zum Jazzstandard »Diga Diga Doo« von trug Adelaide Hall 1928 auf der Bühne fast nichts. Wenn der Song im Film erscheint, schließt sich der Bogen zum titelgebenden Langston Hughes, der Jazzpoet der Harlem Renaissance, der in seinem Gedicht »Advice« empfahl, sich auf dem Weg von der Geburt zum Sterben um ein wenig »loving in between« zu bemühen. Dieser Bogen erhält seine dramaturgische Struktur nicht durch die Montage der Archivbilder allein. In digitaler Animation fliegen Fische, Muscheln oder Vögel durch die Bilder und der gesprochene Text – performt von Kgafela oa Magogodi und Napo Masheane – eröffnet eine dichte Ebene für die Interpretation des Gesehenen. FRANZISKA REIF

»Loving in Between«

R: Jyoti Mistry

Internationaler Wettbewerb Dokumentarfilm

9. Oktober, 18 Uhr Passage Kinos Wintergarten

11. Oktober, 21 Uhr Cinémathèque

12. Oktober, 20 Uhr Schauburg

13. Oktober, 17 Uhr Schaubühne Lindenfels

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