Allgemein Filmrezensionen

»Pursuit of wonder«

»Picture of Light« von Peter Mettler

Ein starrer Blick guckt dem Publikum entgegen. Umrahmt von etlichen Schichten aus Daunen- und Wollkleidung, erprobt das Filmteam die Reise in den Norden, sie machen sich und ihr Analog-Equipment in einer Kältekammer für die erwartbar niedrigen Temperaturen bereit. Allen Anforderungen zum Trotz starten sie – in Richtung Aurora Borealis – nach Churchill, eine Kleinstadt, die sich abseits jeder Zivilisation in Kanada befindet. Die Filmaufnahmen von dort vermitteln eindrucksvoll, wie Eisstürme die Landschaft durchfluten, sich Schneedühnen auftürmen, Nebelwände blockieren und diesiges Licht die Bilder sanft umschlingt. Beeindruckt von den Naturgewalten, nimmt sich das Filmteam auch den Bewohner:innen an, die den Wetterwuchten mit grotesker Gleichgültigkeit entgegenblicken. Zumindest bis es um die Polarlichter geht: Nach all den Jahren, die die Personen den Norden bewohnen, hat das Schillern am Nachthimmel nichts an Zauber, an Magie, an Gespenstischem verloren. So entnimmt man es aus den lebhaften Gesprächen im Film. Diese Verheißung der flirrenden Lichter reizt auch den Filmemacher. Unaufhörlich reflektiert der Regisseur mit seinen Bildern und Worten das Vorhaben, das nicht größer sein könnte: Das Filmteam verliert sich in der Ehrfurcht davor, die lichter-gewordene Aura einzufangen, die Strahlkraft des Naturspektakels abzubilden.

Mettler begeistern die Perspektiven: Schon in der Frage danach, wie Nordlichter aus dem Weltall aussehen würden, wohnt ein Zauber inne und der Filmemacher scheut sich nicht vor einer filmischen Antwort. Sie gleichen dem schillernden Transzendenzen, die zwischenzwischen Erdkugel und Weltalldunkel wabern. In all den Wissensdurst und Pathos verstetigt Mettler zudem kleine und nicht weniger schätzenswerte Gucklöcher in Weltwahrnehmungen und Herangehensweisen der Stadtbewohner: Warum nicht ein Loch in eine Wand schießen, durch das das Schneegestöber allmählich einen Wohnraum kunstvoll flutet. Gesagt, getan. Ziel des Vorhabens ist, das wütende Wetter allmählich in das Zimmer zu lassen und die schleichende, unentrinnbare Kraft der Natur abzubilden. Obgleich das gewünschte Ergebnis ausbleibt, verstetigt diese Idee die herrlichen Eindrücke, die Ruhe und die Offenheit des Filmemachers, von denen die 87-minütige Doku voll ist.

Die »Pursuit of wonder« bleibt vielmehr eine Verheißung als ein Erfolgsversprechen und genau in dieser Schwebe, im Prozess, im Reflektieren liegt der Reiz der Dokumentation. Wie die flüchtigen Polarlichter flirren, strahlen und scheinen die Gedanken und Anliegen des Regisseurs durch den Film hindurch. Zusammen mit den hinreißenden Bildern hinterlässt die Filmpoesie von Peter Mettlers »Picture of Light« unvergleichliche Eindrücke von Sehnsuchtsorten.

Der Film ist Teil der Reihe »Hommage Peter Mettler«, zu denen auch die Dokumentationen »Gambling, Gods and LSD« (2002) und »While the Green Grass Grows« (2023) zählen. Und das ist nur ein Ausschnitt aus dem Schaffen des 1958 geborenen Filmemachers, der sich auf das Suchen und Finden, die Metaphysik in und durch Filme versteht. CLAUDIA HELMERT

»Picture of Light«: Kanada 1994 | 87 min | R: Peter Mettler | Hommage Peter Mettler | Englisch | Deutsche UT | Keine Premiere

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert