Allgemein Filmrezensionen

Krank vor Energie? 

»Sick Girls« von Gitti Grüter

Das alle nervende Energiebündel, der (denn meist männlich) Eltern und Lehrer auf dem Kopf rumtanzt, das ist der stereotype Betroffene von ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung. Doch die Regisseurin Gitti Grüter zeigt in »Sick Girls« die bisher wenig beachtete, genau gegenteilige Gruppe: erwachsene Frauen. Dabei reiht sie sich auch selbst ein in die Reihe ihrer sehr verschiedenen Protagonistinnen, denn die Österreicherin ist selbst betroffen. Wobei »betroffen« schon die falsche Wortwahl ist, denn wie sich zeigt, sehen manche der Frauen ihre Diagnose insgesamt eher als Vorteil und wollen nicht unbedingt tauschen.

Grüter mischt ihre eigene Geschichte – zum Beispiel Telefongespräche mit ihrer Mutter oder Video-Sprechstunden mit ihrem Therapeuten – mit Gruppen- und Einzel-Treffen der Frauen. Durch den gesamten Film ziehen sich dabei eine große Offenheit, Selbstreflexion und teilweiser Selbstironie mit dem Thema, vom Schlagen des eigenen Kindes bis zu Orgasmus-, Freundschafts- und Beziehungsproblemen aufgrund der Symptome. Immer im filmischen Hinterkopf sitzt die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit der »Krankheit«: Ab wann hat man eigentlich ADHS? Hat das nicht jeder ein bisschen? (Antwort: Nein.)

Und was hilft wirklich? Fazit: Ein Dok-Film als Selbstoffenbarung und Denkanstoß über Normalität und Bewertung von Krankheiten. Laut Dok-Moderatorin Luc-Carolin Ziemann der am schnellsten ausverkaufte Film bis dato. MARKUS GÄRTNER

Deutschland | 79 Minuten

R: Gitti Grüter

Deutscher Wettbewerb
11.10.2023 11:00 CineStar 4 
13.10.2023 14:30 CineStar 6
14.10.2023 17:00 Schauburg

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