Allgemein Filmrezensionen

Disruptiv

»Stillstand« von Nikolaus Geyrhalter

Menschen und Räume sind das Thema von Nikolaus Geyrhalter. Als die Pandemie 2020 hereinbrach, die Lockdowns notwendig machte, fand der Wiener Filmemacher seine Stadt plötzlich menschenleer vor. Menschen ohne Räume sind daher in »Stillstand« zu sehen, aber nur zum Teil. Denn der Filmtitel ist irreführend, er hätte besser Disruption heißen müssen.

Denn natürlich hat die Pandemie den Alltag lahmgelegt und ausgesetzt, sind bei Ausgangssperren Plätze und Straßen wie leergefegt. Das waren aber nur relativ kurze Zeiträume. Corona hatte mehr Auswirkungen, (zer-)störte das Leben auf viele Weisen. Das ist zu Filmbeginn zu sehen, wo ein alter Mensch mit Beatmungsmaske zu sehen ist. So fragil wie er wirkt, so fragil ist das Leben an sich und sind auch unsere Gesellschaften. In Einstellungen, wo Expertinnen zu Wort kommen, ist von Sterberaten und Vorsichtsmaßnahmen zu hören. Man sieht die Wiener Messe zum Nothospital ausgebaut, wo in großen Hallen leere Betten stehen. Es wurde nie ausgelastet – auch das Präventionsparadox wird angesprochen, Longcovid als Langgzeitschäden ebenfalls.

Und man merkt auch, wie fragil das Zusammenleben ist. Wirtschaftserwägungen stehen der Gesundheit gegenüber. Auch Impfgegner, Querdenker und Nazis sind zu sehen, die auf die Straße drängen. Es sind keine neuen Bilder, wir alle kennen das aus unserem Alltag. Nur sind sie viel schöner eingefangen, besonders in den Totalen, die Geyrhalter so mag. Und zu viele Menschen haben sie auch schon wieder verdrängt, denken: Corona sei vorbei. Ist es aber noch nicht. Auch dazu kann der Film als Mahnung dienen, weil er festhält, wie schnell und disruptiv so ein Virus – ob pandemisch oder epidemisch – über uns kommen kann. TOBIAS PRÜWER

»Stillstand«

R: Nikolaus Geyrhalter

Internationaler Wettbewerb Dokumentarfilm

Österreich 2023

137 Minuten

Weltpremiere

9.10., 20 Uhr, Passage Kinos Astoria

10.10., 19.30 Uhr, Hauptbahnhof Osthalle

14.10., 17 Uhr, CineStar 4

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