»Extended Presences«/»Cinzas e nuvens« von Margaux Dauby

Die Geschichte der Aussicht ist jüngeren Datums. Sie musste ebenso wie die Schönheit der Natur erst entdeckt werden. Im Gepäck der Bildungsreisen des gehobenen Bürgertums erlebte die Sehsucht ihren Durchbruch im ausgehenden 18. Jahrhundert. Heute besteigen nicht nur, aber besonders Touristen alle möglichen Gebäude und Höhen, um die Aussicht zu genießen. Vielleicht resultiert das Sightseeing in der Vogelperspektive aus einem evolutionären Vorteil, der Jagen wie Sammeln erleichterte? Jedenfalls versucht der Mensch schon vor der touristischen Lust seit jeher, dem Himmel nah zu sein und von Erhebungen aus eine Übersicht zu gewinnen, um etwa Freund und Feind bereits von Weitem zu unterscheiden. Noch heute lotsen Türme Schiffe und Flugzeuge in sichere Häfen und dienen zur Überwachung ganzer Gebiete zur Gefahrenabwehr.

So auch in »Extended Presences«. Hier sind einige Frauen dabei zu beobachten, wie sie portugiesische Landschaften nach Waldbränden absuchen. Wie in Leuchttürmen gehen sie die im Innern der Türme Glaskuppeln entlang und halten Ausschau. Manchmal kommt ein Fernglas zum Einsatz. Was sie wohl dabei denken? Hat das etwas Meditatives? Strengt das an? Wie lange dauert eine Schicht? Ist das Ehrenamt und nützt das überhaupt? Man erfährt es nicht. Der Film lädt, weil er keine Anässen und Denkanstöße gibt, zu verlängerten Reflexionen über Dies und Das ein – oder zu etwas ganz Anderem. Vielleicht, was die Regisseurin Margaux Dauby sich dabei gedacht hat, wirklich einfach nur hinzusehen? Wie sie auf ihr Thema gekommen ist und warum sie nur Frauen zeigt? Und warum sie das Abschweifen nach genau zwölf Minuten abbricht. TOBIAS PRÜWER

»Extended Presences«/»Cinzas e nuvens«

Margaux Dauby

Internationaler Wettbewerb Dokumentarfilm

Dokumentarfilm, Portugal, Belgien 2023

12 Minuten, Portugiesisch (Portugal)

Deutsche Premiere

11.10., 14 Uhr, Passage Kinos Astoria, 14.30 Uhr, CineStar 2

12.10., 17 Uhr, Schaubühne Lindenfels

14.10., 20.30 Uhr, CineStar 2