DOK Leipzig 2022

In den Tod hinübergleiten

Das Foto wurde im Halbdunklen aufgenommen. Zu sehen ist ein leeres Bett aus Holz.

Félix Lamarche dokumentiert eine Sterbebegleitung

»Power off«: Die Küchenmaschine signalisiert, dass sie vom Stromnetz genommen wurde.  »Ausgeschaltet.« Fast schreit die Maschinenstimme in die Stille des Films hinein, nimmt vorweg, was Minuten später zu sehen ist: der assistierte Tod eines Menschen. »A Night Song« thematisiert auf intime Art und Weise Sterbebegleitung und feiert auf dem Dok Leipzig Weltpremiere.

Die 45-minütige Doku von Félix Lamarche überwältigt durch die tiefe Traurigkeit, die sie auslöst. Sie begleitet eine alte und kranke Protagonistin in den letzten Stunden ihres Lebens, bevor sie den assistierten Tod stirbt. Auch diesen spart der Film nicht aus. Absolut ruhige Bilder zeigen sie beim Solitär-Spielen mit sich selbst im Reinen. Mit Gewissheit und dem Stück Selbstbestimmung, das sie noch hat, blickt sie auf ihr Ende. Nur Formalien, die ihr Schwiegersohn für sie übernimmt, unterbrechen diesen Abgesang zum Lebensabend, der kein Klagelied ist.

Dann ist zu sehen, wie sie im Beisein ihrer Lieben durch eine ärztliche Spritze einschläft und in den Tod hinübergleitet. Einige Einstellungen später erscheint ihr leer geräumtes Zimmer, nichts ist geblieben. Würdig und respektvoll in der Darstellung geht der Film sehr tief, rührt an, weil er am eigenen Leben selbst rührt. Er ist bewusstes Hinschauen auf die letzten Dinge und darum auch eine Reflexion auf sie. »Power off.«

»A Night Song«
R: Félix Lamarche
Internationaler Wettbewerb
Dokumentarfilm
Freitag, 21. Oktober, 18 Uhr Passage Kinos

Foto: DOK Leipzig 2022 / A Night Song, Félix Lamarche

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