DOK Leipzig 2019 Filmrezensionen

Dialog der Erfahrungen

»Arid Zone« untersucht, wie sich die US-amerikanische Gesellschaft in der Wüste manifestiert.

Der Wüstenstaat Arizona liegt im ariden Klima, ein Umstand, der sich in den Städten in wüstenfarbenen Gebäuden mit Palmen davor niederschlägt. Ebenfalls nah ist die Grenze zu Mexiko, die gleichzeitig die Grenze zu den Amerikas südlich der USA markiert. Mesa ist dort eine Stadt mit knapp einer halben Million Einwohner, eine Mormonengründung, die als konservativste Stadt der USA gilt. Was das bedeutet, lässt sich unter anderem daran ablesen, dass die Einwohner hier konservativ mit weltoffen gleichsetzen. Regisseurin Fernanda Pessoa lernte die Stadt kennen, als sie zu Beginn des neuen Jahrtausends als Austauschschülerin dort lebte. Fünfzehn Jahre später kehrt sie zurück und unterhält sich mit den Menschen von früher. Das ist zugleich eine Konversation zwischen dem heutigen und dem früheren Ich und dessen Erlebnissen und Erfahrungen inklusive High-School-Cafeteria (das Leben auf der High School verläuft natürlich haargenauso, wie es High-School-Filme erzählen) und dem sofortigen patriotischen Zusammenstehen nach dem elften September. Es scheint, als käme das ganze Land nicht ohne Stereotypen aus: Rodeoreiten, Gewehre, Wilder Westen, Shopping-Malls und Autos selbst für den kürzesten Weg.

Der Kolonialismus und seine Früchte dürften für Pessoa als Brasilianerin automatisch mitschwingen, und er zeigt sich angesichts der unterschiedlichen Haltungen zur nahen Grenze zu Mexiko, zur dort geplanten Mauer und, natürlich und vor allem, zu den Menschen, die diese Mauer abhalten soll. Die Stereotypen hält Pessoa in langsam fotografierten Bildern fest. Die Gespräche mit den Bewohnern der ariden Zone zeigen zwei Dinge: dass es noch lange dauern wird, bis sich die Vorstellung von den verschiedenen Amerikas in der Wüste verbreitet hat. Und dass es Fremde dort schwer haben, auch wenn sie eigentlich vom selben Kontinent kommen. Dahingehend ähneln sich die Erfahrungen der jungen und der 15 Jahre älteren Pessoa. Deren Gegenüberstellung ermöglicht einen genauen Blick auf die Themen der US-Gesellschaft, ein Einblick, den die Wüstenbilder und die aktuellen Gespräche stimmig ergänzen.

FRANZISKA REIF

Arid Zone, Brasilien 2019, 76 min., R.: Fernanda Pessoa

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