»Das Forum« von Marcus Vetter eröffnet das diesjährige Dok: Ein Blick hinter die Kulissen des Weltwirtschaftsforums
Es muss sich gut anfühlen, so beliebt zu sein wie Klaus Schwab. Menschen aus aller Welt treffen sich zwischen den weißen Gipfeln der winterlichen Schweizer Alpen, und sie alle scheinen sich zu freuen, wenn sie aus dem Fahrstuhl steigen und dem lächelnden, älteren Herrn freudig erregt die Hand zu schütteln. Auch untereinander scherzen sie oft, wenn sie in ihren maßgeschneiderten Anzügen Konferenzen in oft brüchigem Englisch abhalten. Aber so richtig können sie sich alle ja doch nicht leiden, sonst wären sie alle wohl kaum hier, in Davos, in diesem »globalen Dorf«, beim Weltwirtschaftsforum (WEF).
Als solches bezeichnet ebenjener Klaus Schwab das Treffen der Eliten aus Wirtschaft, Politik und anderen Bereichen, das seit den frühen Siebzigerjahren einmal jährlich in dem kleinen Städtchen in Graubünden stattfindet. Schwab entwickelte damals die Idee hierzu: Sei es nicht sinnvoll, wenn es einen Ort gäbe, an dem so viele Mächtige wie möglich zusammenkommen, um zu reden, bevor die Waffen sprechen? Ähnliche Formate, wie die G7- oder G20-Gipfel, wurden erst später etabliert; dem Treffen in Davos wohnt also eine gewisse Exklusivität inne.
Medienvertreter sind seit jeher Teil der mehrtägigen Veranstaltung, ein unabhängiger Blick hinter die Kulissen galt bislang jedoch als Träumerei. Der Film »Das Forum« wirbt dafür, diese Barriere nun erstmals und nach fünfjähriger Vorbereitung durchbrochen zu haben. Und tatsächlich: Verhandlungen zwischen Donald Trump und Bayer-CEOs oder spontane Gespräche zwischen Umweltaktivist und Ex-US-Vizepräsident Al Gore bekommt man so nicht alle Tage zu sehen.
Im Mittelpunkt des Films steht der bereits erwähnte Klaus Schwab, der immer wieder in Einzelinterviews seine Gedanken zum WEF in Worte fasst, historische Erinnerungen verrät und manch Anekdote fallen lässt. Hört man ihm zu, dann merkt man, dass es ihm in erster Linie nicht um messbare Ergebnisse geht, mit denen im Gepäck die Gäste aus allen Winkeln des Globus‘ am Ende des Gipfels wieder abreisen. Vor allem geht es darum, überhaupt miteinander zu sprechen.
Doch es gibt sie: Stimmen, denen das nicht mehr reicht. Speziell in Fragen der Klimapolitik sei rasches Handeln in globalen Dimensionen wichtiger denn je; so oder so ähnlich klingt das bei Greta Thunberg oder Jennifer Morgan, Leiterin von Greenpeace International. Beide machen keinen Hehl daraus, dass sie sich nicht viel davon erhoffen, beim WEF zu sprechen, dass sie kein Vertrauen in die handelnden Ökonomen und Politiker besäßen. So stolz, wie Klaus Schwab erzählt, dass der Gipfel bald plastikfrei über die Bühne gehen werde, so ratlos wirkt er schließlich in einer der letzte Sequenzen des Films, die ihn beim Vorlesen eines Briefs von Thunberg an ihn zeigt.
»Das Forum« ist ein guter Film, doch sollte man nichts von ihm erwarten, was er nicht leisten kann. Dieser Film, der ohne einordnende Kommentare aus dem Off auskommt, zeigt zwar Szenen hinter den Kulissen, doch wissen die Gezeigten natürlich zu jedem Zeitpunkt, dass die Kamera läuft.
ALEXANDER KULLICK
DasForum-TLR-DE from gebrueder beetz filmproduktion on Vimeo.
Das Forum
28.10., Hauptbahnhof Osthalle, CineStar 8, CineStar 6, 29.10., CineStar 4