»Living the Light« – Leben und Werk des niederländischen Kameramanns Robby Müller
Mithilfe von Archivmaterial und den Stimmen Verwandter und Freunde nähert sich die Regisseurin Claire Pijman dem in diesem Jahr verstorbenen Niederländer.
Das Licht. Es stand im Mittelpunkt für Robby Müller. Und vielleicht passt das, denn immerhin ist der Mann Niederländer und damit Teil eines Landes, dessen Kunsttradition stark vom Umgang mit dem Licht geprägt ist. Man braucht sich nur die alten holländischen Meister ansehen und welche Rolle das Licht in ihren Werken spielt. Oder man sieht sich gleich die Filme an, die Robby Müller gemacht hat und die in Ausschnitten auch in dieser Dokumentation auftauchen.
Da sind zunächst die Filme mit Wim Wenders. Paris, Texas« zum Beispiel. Oder »Reise bis ans Ende der Welt«, ein Mammutprojekt, das in der Originalfassung über mehrere Stunden geht, so lange, dass man vielleicht vergisst, darauf zu achten, wie gut die einzelnen Szenen beleuchtet und gefilmt sind. »Living the Light« ermuntert zum genauen Blick. Filmszenen wechseln sich hier mit Kameraaufnahmen aus Robby Müllers Archiv ab. Verwackelte Handkamerabilder von einem Hund, einer Landschaft oder dem Hausboot, dass Müller in Amsterdam hatte. Kommentiert werden diese Aufnahmen von seiner Tochter. Oder von den Kollegen, vor allem den Regisseuren. Deren Auflistung unterstreicht noch einmal Müllers Status als eine Ikone des Arthaus-Kinos. Da sind Jim Jarmusch, der mit einem Freund den Soundtrack zu »Living the Light« einspielte, der schon erwähnte Wim Wenders oder Lars von Trier, mit dem Müller Filme wie »Dancer in the Dark« oder »Breaking the Waves« drehte.
Während die Filmausschnitte die Arbeit eines Profis zeigen, sind die privaten Aufnahmen teilweise arg banal. Gleichzeitig zeigen sie jedoch auf eindrückliche Weise, wie sehr Robby Müller sein Leben mit und hinter der Kamera verbrachte. Selbst die Botschaften nachhause, an die Eltern, nimmt er auf Video auf. Da liegt er dann in einem Hotelzimmer auf dem Bett. Ein großer Mann mit Zopf und erzählt von der Arbeit an seinem neusten Film und von der Stadt, in der er gerade ist.
»Living the Light« ist eine gelungene, wenn auch keine vollständig befriedigende Dokumentation. Dazu geht der rote Faden zu oft verloren, der einen durch diese Bilderflut leiten könnte. Trotzdem: am Ende steht das Bild eines Wanderers, eines Bohemians, wie er sich selbst einmal bezeichnet, der sein Leben lang die Welt bereiste und drehte. Einer über den Jim Jarmusch in seinem Nachruf schrieb, »ich denke ohne ihn wüsste ich nichts über das Filmemachen«. Nur folgerichtig ist da diese filmische Würdigung, die den niederländischen Meister, der sonst immer hinter der Kamera stand, ins Rampenlicht holt. Dort, wo er auch in der letzten, berührenden Szene steht. Als in Berlin die Retrospektive zu seinem Werk eröffnet wird.
JOSEF BRAUN
»Living the Light«
Internationales Programm | Niederlande, Deutschland | Dokumentarfilm | 87 Minuten | deutsch, englisch, französisch, niederländisch | englisch Untertitel | Deutsche Premiere
| /
| /
Originaltitel: Living the Light – Robby Müller
Land: Niederlande, Deutschland
Jahr: 2018
Sprache: deutsch, englisch, französisch, niederländisch
Untertitel: englisch
Laufzeit: 87 min.
Format: DCP
Farbe: Colour & B&W
Regie: Claire Pijman
Produktion: Carolijn Borgdorff, Alexander Wadouh, Sven Sauër
Kamera: Claire Pijman
Schnitt: Katharina Wartena
Musik: SQÜRL (Jim Jarmusch, Carter Logan)
Buch: Claire Pijman