Allgemein Filmrezensionen

Grauen und Poesie im Krieg

»A Simple Soldier« von Artem Ryzhykov

Regisseur Artem Ryzhykov darf vertraglich als Soldat das Kriegsgeschehen mit seiner Kamera erfassen: “My camera is my weapon” heißt es am Anfang noch von dem damals langhaarigen Künstler, der bei den ersten Einschlaggeräuschen in der sicheren Bunkerküche vor Schreck fast hinfällt. Nach über drei Jahren an der Front sieht er seine Kamera eher als Spielzeug, das ihn vor dem Wahnsinn des traumatisierenden Geschehens bewahrt. Artem bezeichnet sich inzwischen selbst als emotionslos, hat selbst getötet und ist sogar Kommandeur.

Die eingefangenen Bilder offenbaren einerseits die Abgründe des Menschlichen: Verkohlte Leichen, Knochenfunde, verletzte und sterbende Freunde. Aber immer wieder findet das Auge des Regisseurs auch die versteckte Poesie im Fleischwolf des Krieges: Etwa einen klavierspielenden Soldaten und die Verfolgungsjagd eines Käfers.

Und der militärische Konflikt greift auch die Familien an: Artem muss seine Frau anfangs anlügen über die Gefahren seines zunächst nur filmisch anmutenden Einsatz, seine Mutter wünscht sich – vor allem nach dem Tod von Artems Vater – nur, dass der Sohn heimkommt. Andere, wie Artems Kollegin Marta, müssen für ihre Prinzipien ihre Kinder vernachlässigen. Über den Gesprächen schwebt auch immer die Frage: Ist es das alles wert?

Ein schonungsloser Blick in den sinnlosen Wahnsinn des Krieges und was er aus den Menschen und Familien macht, der einen aber aufgrund einiger visueller Hoffnungsschimmer nicht völlig am Boden zurücklässt. MARKUS GÄRTNER

»A Simple Soldier«

Artem Ryzhykov, Juan Camilo Cruz

Panorama: Mittel- und Osteuropa

95 Min.

Ukraine, USA, UK

Samstag, 1. November 21:00 – 22:38 / UT Connewitz

https://www.dok-leipzig.de/film/simple-soldier/programm

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