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Austausch und Beratung

Ein Interview mit Nancy Brandt und Christian H. Schulz von der AG DOK

Die Dokumentarfilmschaffenden Nancy Brandt und Christian H. Schulz waren von 2019 bis November 2025 die RegionalsprecherInnen der AG DOK Ost. In der Gesprächsreihe »Wie macht man Dokumentarfilm?« berichten sie über das Engagement und Wirken ihres Berufsverbandes.

kreuzer: Welche Rolle spielt die AG DOK in der Dokumentarfilmlandschaft?

Christian H. Schulz: Die AG DOK ist ein Berufsverband und bietet gute Rahmenbedingungen und Möglichkeiten für Dokumentarfilmschaffende, weswegen es sich aus unserer Sicht lohnt, Mitglied zu sein, zum Beispiel um sich mit anderen auszutauschen, die auch im Dokumentarischen unterwegs sind. Daneben kann man auf eine Vielzahl von Dienstleistungen zurückgreifen, die man als Mitglied des Verbandes bekommt, zum Beispiel Infos zu Fördermöglichkeiten, zur Archivrecherche oder zu Koproduktionen, es gibt jede Menge Tipps und Wissen rund um das Filmemachen. Es gibt eine Rechtsberatung, bei der man zu einer konkreten Problemstellung eine kostenfreie Erstberatung durch einen Anwalt bekommt.

Nancy Brandt: Außerdem gibt es die postlist. Das ist eine Art E-Mail-Forum, in dem die Mitglieder sich untereinander austauschen, Jobausschreibungen teilen oder auf aktuell fertig gestellte Produktionen hinweisen, auch sehr kurzfristig, in allen Phasen der Produktion, sei es bei einem überregionalen Dreh oder für eine Recherche im Ausland, das ist extrem hilfreich.

Schulz: Das ist wirklich sehr wertvoll! Ich habe zum Beispiel vor ein paar Wochen über dieses Forum eine Untertitelungsfirma für ein spezielles Thema gesucht und habe zahlreiche Feedbacks bekommen mit Tipps und Hinweisen aus Leipzig und aus vielen anderen Regionen.

Brandt: Man tauscht sich wirklich aus, auch über Honorarvorstellungen, das finde ich enorm wichtig. Beispiel: Ein Museum will meinen Film ankaufen. Kann mir jemand eine Idee geben, wie viel ich dafür verlangen kann?

Schulz: Die AG DOK ist auch Interessenvertretung in der Medienpolitik und in der Durchsetzung von Honorarvorstellungen gegenüber den öffentlich-rechtlichen Sendern. Zusammen mit anderen Verbänden haben wir eine gemeinsame Vergütungsregelung jeweils mit ARD und ZDF abgeschlossen, wo es um die Honorare geht für Leute, die Dokumentarfilme machen, sei es als Produzent*in, Autor*in oder in einem der zahlreichen Gewerke wie Kamera, Ton, Schnitt und vieles mehr. Das ist für die Branche auch grundsätzlich sehr wichtig, damit man eine Orientierung hat, was man mindestens verlangen kann, wenn man zum Beispiel für einen Sender XY einen Film als Autor macht.

Brandt: Die AG DOK ist auch bei der VG-Bild-Kunst vertreten, stimmt dort mit ab und schaut, dass die Rechte von Dokumentarfilmschaffenden mit berücksichtigt werden. Wir sind da sehr breit gefächert aufgestellt und wir waren jetzt tatsächlich auch hier in der Region erstmalig bei der Arbeitsgemeinschaft regionale Koordination beim MDR eingeladen, wo wir mit den Verantwortlichen des Senders über die Problematik hier in der Region gesprochen haben, was unsere Branche angeht.

Schulz: Vom Aufbau her ist die AG DOK ein bundesweiter Verband, aufgeteilt in Regionalgruppen, zum Beispiel Norddeutschland, Berlin, Nordrhein-Westfalen, um nur einige zu nennen. Für unsere Region sind Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen als AG DOK Ost zusammengefasst. In jeder Regionalgruppe gibt es individuelle Angebote, wie Workshops oder medienpolitisches Engagement und daneben die überregionalen Aktivitäten. Alles mit dem Ziel, die Bedingungen für die Dokumentarfilmschaffenden zu verbessern.

Infoveranstaltung zur FFA-Förderung auf der Feinkost während der Dokwoche, Fotos (c) Christian Schulz

kreuzer: Habt ihr als Verband auch Möglichkeiten, bei der Filmförderung mitzureden?

Brandt: Bei der Entwicklung des neuen Filmförderungsgesetz wurde die AG DOK konsultiert, unser Vorstand hat mitverhandelt und versucht, auch hier die Interessen der Filmschaffenden einzubringen.

Schulz: Die AG DOK ist in dem Bereich sehr renommiert, neben Verbänden wie Bundesverband Regie (BVR), der Allianz Deutscher Produzentinnen und Produzenten und einigen anderen. Aus dem, was die Mitglieder erzählen, wünschen und fordern entstehen die Verbandspositionen, die an medienpolitische Entscheider, Förderanstalten und die Politik herangetragen werden.

Brandt: Ein Punkt war zum Beispiel, dass man beim Dokumentarfilm oft die so genannten »Rucksackproduzenten« hat, die sowohl produzieren als auch Regie machen und am besten noch Kamera, das wurde nie korrekt berücksichtigt, wenn man eine Förderung beantragt hat.

Schulz: Das ist jetzt aufgehoben und im neuen Filmförderungsgesetz fairer geregelt. Alles das ist Teil der wichtigen Arbeit, die die AG DOK macht, das ist letztlich auch Lobbyarbeit für die Mitglieder.

Brandt: Eine Sache, die ich mitinitiert habe, ist, dass die AG DOK sich jetzt auch vermehrt darum kümmern will, dass Dokumentarfilme im Bereich der Filmbildung eingesetzt werden. Weil man mit Dokumentarfilm wunderbar Themen besprechen und auch Filmsprache erlernen kann. Dazu gab es auf dem diesjährigen DOK Leipzig Festival ein Panel, welches richtig gut besucht war.

Schulz: Eine andere Veranstaltung, zu der wir im Rahmen von DOK Leipzig eingeladen hatten, war ein Infoabend zur neuen jurybasierten kulturellen FFA-Förderung, auch da gab es ein riesiges Interesse. Es ging darum, dass alle, die Dokumentarfilme machen wollen und FFA-Fördermittel nutzen wollen, besser verstehen, wie sie sich in dieser etwas neuen oder geänderten Förderlandschaft bewegen müssen. Das trifft einen Nerv. Du merkst, dass die Leute in der schwierigen Lage momentan nach Möglichkeiten suchen, ihre Filme zu finanzieren. Bei den Sendern gibt es immer weniger Geld zu holen und natürlich ruht die Hoffnung auf dem Filmfördersystem, was jetzt in Teilen geändert worden ist und wo noch keiner so hundertprozentig weiß, wie es richtig funktioniert. Aber dabei wollen wir helfen.

Das Gespräch führte Martin Klindtworth.

www.agdok.de

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