Kategorie: Archiv 2013 | vor 12 Monaten | 03. nov. 2013 | 01:19h
Die Preisträgerfilme 2013
Goldenen Taube im Internationalen Wettbewerb Dokumentarfilm: STOP THE POUNDING HEART von Roberto Minervini. Der Preis ist mit 10.000 Euro dotiert und wird vom Mitteldeutschen Rundfunk gestiftet.
Goldene Taube im Deutschen Wettbewerb Dokumentarfilm: THE SPECIAL NEED von Carlo Zoratti. Der Preis ist mit 10.000 Euro dotiert.
Talent-Taube der Medienstiftung der Sparkasse Leipzig, Hauptpreis im Wettbewerb für junges Kino: L’ESCALE (STOP-OVER) von Kaveh Bakhtiari. Das Preisgeld von 10.000 Euro dient der Anschubfinanzierung für das nächste Dokumentarfilmprojekt des iranisch-stämmigen Regisseurs.
Goldene Taube im Internationalen Wettbewerb für kurze Dokumentarfilme: DISTANCE von Ekta Mittal und Yashaswini Raghunandan. Der Preis ist mit 3.000 Euro dotiert und wird von TELEPOOL GmbH gestiftet.
Goldene Taube für den besten animierten Dokumentarfilm: CASA von Daniela De Felice. Der Preis ist mit 3.000 Euro dotiert.
Goldenen Taube für den besten Animationsfilm: BOLES von Špela Čadež. Der Preis ist mit 5.000 Euro dotiert.
Silberne Taube im Animationswettbewerb: SUBCONSCIOUS PASSWORD von Chris Landreth. Der Preis ist mit 2.000 Euro dotiert.
Healthy Workplaces Film Award: A GENTE (C(US)TODIANS) von Aly Muritiba. Das Preisgeld von 8.000 Euro wird von der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA) gestiftet.
MDR-Filmpreis für einen herausragenden osteuropäischen Dokumentarfilm: DIE TRASSE (PIPELINE) von Vitaly Mansky. Der Preis ist mit 3.000 Euro dotiert.
DEFA-Förderpreis für einen herausragenden deutschen Dokumentarfilm: SCHNEE VON GESTERN (FAREWELL, HERR SCHWARZ) von Yael Reuveny. Der Preis ist verbunden mit einem Stipendium in Wert von 4.000 Euro
Dokumentarfilmpreis des Goethe-Instituts: LAND IN SICHT von Judith Keil und Antje Kruska. Der Preis ist mit 2.000 Euro dotiert.
Filmpreis „Leipziger Ring“ der Stiftung Friedliche Revolution: MY STOLEN REVOLUTION (MIN STULNA REVOLUTION) von Nahid Persson Sarvestani. Der Preis ist mit 5.000 Euro dotiert.
Preis der Ökumenischen Jury: NORMALIZATION (KAUZA CERVANOVÁ von Robert Kirchhoff. Der Preis mit 2.000 Euro dotiert.
Die FIPRESCI-Jury (Fédération Internationale de la Presse Cinématographique): A FOLK TROUPE von Gang Zhao.
Preis der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di: HILTON!– HERE FOR LIFE (HILTON! – TÄÄLLÄ OLLAAN ELÄMÄ) von Virpi Suutari. Der Preis ist mit 2.500 Euro dotiert.
Preis der Jugendjury der Filmschule Leipzig e.V.: JOANNA von Aneta Kopacz.
mephisto 97.6-Publikumspreis: WIND von Robert Löbel.
Kategorie: Archiv 2013 | vor 12 Monaten | 02. nov. 2013 | 12:42 h
In aller Kürze: Die kreuzer-Lieblinge und Taubenwünsche
Es sind tragische und unterhaltsame Geschichten, traurige und lustige Menschen, intime und panoramenartige Bilder – zwölf von 346 Filmen haben sich aus ganz unterschiedlichen Gründen bei den kreuzer-DOK-Bloggern festgesetzt.
Kategorie: Archiv 2013 | vor 12 Monaten | 02. nov. 2013 | 11:55h
»Ich habe kein Programm beim Filme machen«
»Wo ist Voigt?!« [waren wohl Brechts letzte Worte] – Knut Elstermann im Gespräch mit Peter Voigt
Unerwartet viele Leute sind in die Baustelle des Schauspiels Leipzig gekommen. Baustelle – so ist der Name einer der Studiospielstätten. Hier also haben sich so viele Menschen (bemerkenswert viele junge darunter) eingefunden, das noch nicht einmal die bereit gestellten Stühle ausreichen. Wie wir später vom erstaunten Peter Voigt erfahren, sind zu seiner Verwunderung auch die Vorführungen seiner Filme sehr gut besucht – die Gespräche seien auch ganz vernünftig, wie er etwas schelmisch anfügt. <!–more–>
Hier sitzt er nun, der große Peter Voigt, der kaum in den Medien präsent ist, dessen Filme nie in Leipzig liefen (dafür jetzt – endlich möchte man fast sagen – die Hommage) und zu einem großen Teil nie im Kino aufgeführt wurden. Heutzutage kaum vorstellbar: Manch mutiger Redakteur wuchtete die sperrigen Filme in den 90er Jahren ins Fernsehen. Voigts Werdegang pflastern große Steine oder sagen wir: Steine mit großen Etiketten drauf: Bertolt Brecht, Deutsches Theater, Hitlerdeutschland, DDR, Ernst Busch, Peter Palitzsch, Heiner Müller, DEFA, Konrad Wolf. Ganz leicht wäre diese Liste fortzuführen. Das Epizentrum dieser Liste, die Person, auf die alles immer wieder zu sprechen kommt, ist aber ganz klar Brecht.
Nachdem er eine Bühnenbildner-Ausbildung an den Städtischen Bühnen in Leipzig beginnt, wird Voigt über Familienbeziehungen (Voigts Vater war Theaterregisseur) 1953 Teil einer Schülerschar um Brecht am Berliner Ensemble. Zunächst sei er fasziniert gewesen, so Voigt, wurde er allerdings ziemlich bald darauf faul, langweilte sich bei den Theaterproben (auch bei denen Brechts), verbrachte seine Zeit lieber in den Bars und Künstlerkneipen Ost-Berlins. Erzählungen aus dieser Zeit dokumentiert Voigt ganz wunderbar in »Dämmerung – Ostberliner Bohème der 50er Jahre« (1993). Voigts Kommentar zu dieser Zeit: »Ich war gerade 20 Jahre alt, ich musste doch erst einmal ein Mann werden!« Er begann nach Feierabend zu zeichnen. Brecht bekommt das mit, interessiert sich für seine Zeichnungen, lädt ihn zu sich nach Hause ein, um mit ihm über seine »dilettantischen Versuche« (Voigt) zu sprechen. Er bekommt sogar einen Schlüssel zu Brechts Wohnung, so dass er frei kommen und gehen kann – immer dann, wenn Brecht nicht da ist. Als eine Art Angestellter ist er beauftragt, Ordnung in den Manuskripten und auch ein wenig mehr Übersicht im Bücherregal herzustellen.
Natürlich habe er von Brecht gelernt, so Voigt. Man lernte ja auch, wenn dieser mal nicht anwesend war, bekommt bestimmte Verhaltensweisen mit, die einen prägen. Das kann sich heute ja keiner mehr vorstellen, was das damals für ein Mekka da am Berliner Ensemble war. Brecht war in aller Munde. Wo Voigt in seinem Filmen ganz klar von ihm beeinflusst ist, ist beim Stellenwert und der Verwendung von Text in seinem Filmen. Im Arbeitsprozess steht der Text an erster Stelle: zuerst schreibt er diesen, dann entstehen die dazugehörigen Bilder. Nach seiner Zeit am Berliner Ensemble arbeitet Voigt im DEFA-Trickfilmstudio in Dresden. Trickfilm war damals neu und aufregend, in großen Teilen des Ostblocks gab es wunderbare TrickfilmerInnen, die zum Beispiel Geschichten von Dostojewski bebilderten. Voigts bescheidenes Vorhaben: dem kommunistischen Manifest eine Filmform geben, bis heute hat er sich allerdings nie daran versucht.
Nach jedem seiner Filme verabschiede er sich sofort von ihm und schaut nach vorne zum nächsten Projekt. Prinzipiell sei er erst einmal einige Jahre lang den Filmen gegenüber misstrauisch, bevor er sich sie irgendwann wieder anschaut, um festzustellen, ob sie »stabil« (Voigt) sind. Nach »Stein schleift Schere« (1986) zum Beispiel, einer Kurzdokumentation über seine Jugend im deutsch besetzten Polen, durchzuckt Voigt der Gedanke, dass er ja selbst ein Zeitzeuge sei, dass er ja auch das braune Hemd getragen habe. 1989 dann folgt »Knabenjahre«, eine Befragung von Männern über ihre Zeit in der Hitlerjugend. Voigt selbst sitzt dabei mit vor der Kamera, spricht über seine eigene Zeit bei der Hitlerjugend, schafft keinerlei Hierarchie mit der Kamera gegenüber den Gesprächspartnern. »Ich habe kein Programm beim Filme machen«, erklärt Voigt leicht amüsiert.
A propos amüsieren: immer wieder wird das Gespräch unterbrochen von Musik, der sowohl Elstermann als auch Vogt meist mit geschlossenen Augen lauschen. Voigts Idee war, zum Gespräch verschiedene Versionen von Brechts »Mackie Messer«: Zuerst hat er sich für eine Interpretation des Meisters selbst – Brecht – entschieden, eine Aufnahme aus dem Jahr 1930, in der Brecht fast richtig singt und noch nicht so krächzt wie einige Jahre später. Zusätzlich noch eine Version von Lotte Lenya und als Drittes, eher unerwartet: Rammstein, auch das von Voigt ausgesucht. Er lächelt sich auch beim Zuhören etwas ins Fäustchen, amüsiert sich offensichtlich, kann der Gitarrenrocknummer aber doch was abgewinnen.
Ewig möchte man ihm zuhören, diesem Peter Voigt und seinen pointierten Anekdoten und hintergründigen und selbstironischen Gedanken zu seiner Arbeit. Eigentlich sehe er lieber andere DOK-Filme, als die, die er mache, so Voigt zum Abschluss. Normale Dokumentationen, durch die man sich durch träume und dabei etwas erfahre. Damit möchte er auch gar nicht gegen das Festival und die an ihn gerichtete Hommage argumentieren. Allgemeines Amusement in den Zuschauerreihen und auf dem Podium. Einer seiner letzten Sätze an diesem frühen Abend ist der entwaffnende »Ich mache Filme, weil ich gerne Filme mache.« Punkt. So sollte das immer sein und: so einfach ist das. Chapeau! STEPHAN LANGER
> Das gesamte Gespräch wurde aufgezeichnet und wird am 01.11.2013 ab 18.05 Uhr im Radio auf MDR-Figaro gesendet.