Allgemein Filmrezensionen

Einzige Flucht Hotelflur

»Flophouse America« von Monica Strømdahl

Regisseurin Monica Strømdahl war über Jahre hinweg immer wieder in amerikanischen Flophouses unterwegs – ehemaligen, heruntergekommenen Hotels, in denen heute Familien leben, die sich auf dem radikal angespannten US-Wohnungsmarkt keinen anderen Raum leisten können. Rund zehn Prozent der US-Bevölkerung leben in Armut.

In einer dieser Hotellobbys traf Strømdahl den damals zwölfjährigen Mikal. Er ist dort geboren und lebt mit seinen Eltern, Jason und Tonya, sowie Kater Smokey in einem heruntergekommenen Zimmer. Die Familie teilt sich wenige Quadratmeter: Ein Vorhang trennt Mikals Ecke mit der Couch vom Bett seiner Eltern und der improvisierten Küchenzeile.

Über drei Jahre hinweg zeigt Strømdahl äußerst unmittelbar, wie die Familie auf engem Raum miteinander lebt – zwischen finanzieller Not und der Alkoholsucht beider Eltern. Während Vater Jason arbeitet, ist Mikal nach der Schule meist allein mit seiner Mutter. Alle paar Tage macht er in der Badewanne den Abwasch, dazwischen wird viel Computer gespielt. Jedes zehnte Kind in den USA wächst mit alkoholabhängigen Eltern auf.

Strømdahl hält Szenen fest, die sich zwischen Trost und Verzweiflung bewegen. Die Eltern trinken und rauchen, doch immer wieder entstehen berührend intime Momente. Tonya sagt oft, wie sehr sie ihren Sohn liebt, wie dankbar sie ist. Dann kippt die Stimmung erneut. Mit zunehmendem Alter hält es Mikal kaum noch aus – seine einzige Flucht ist der Hotelflur.

Wer hat den Wodka über den Kater gekippt? Warum sind die Noten so schlecht? Immer wieder geraten die drei aneinander, immer wieder hält Mikal seinen Eltern ihre Sucht vor. Und doch: Zwischen allem finden die drei auch Momente von Zuneigung. Und Vater Jason hat Verständnis für Mikal: Er hat leider einfach abgefuckte Eltern.

Im Jahr 2025 ist Mikal 18 geworden. Strømdahl wollte, dass er als Volljähriger selbst entscheidet, ob der Film veröffentlicht werden darf. CHARIS MÜNDLEIN

»Flophouse America«

Doc Alliance Award

Monica Strømdahl

USA 2025, 78 Minuten

https://www.dok-leipzig.de/film/flophouse-america/programm

02.11., 21 Uhr, Cinestar 2

1 Gedanken zu “Einzige Flucht Hotelflur”
  1. Christian sagt:

    Ein rundum bewegender Film, sehr intensiv. Ich hoffe, dass Mikal ein besseres Leben gelingt.

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