Archiv 2018

Tausend schöne Momente

»Immer und ewig« von Fanny Bräuning

In der Schweiz lernen sie sich kennen. Sie, Kind einer strengen Schweizer Familie, er ein Seemann. Beide studieren an der Kunsthochschule. Er fotografiert, sie malt. Sie heiraten, bekommen zwei Kinder. Die Bilder zeugen von einer aufregenden, stürmischen Beziehung. Aufregend, das zeigt die Dokumentation, die Fanny Bräuning über das Leben ihrer Eltern drehte, bleibt die Beziehung auch später. Doch sie verändert sich auch stark. Denn Fannys Mutter hat Multiple Sklerose. Das heißt ihr Körper baut in Phasen immer mehr ab.

1994 greift die Krankheit ihren Körper so stark an, dass sie ins Koma fällt. Während dieser Zeit beschließt ihr Mann den Caravan, mit dem sie immer verreist sind, umzubauen. Sodass sie weiter verreisen können, auch wenn seine Frau nunmehr vom Hals abwärts gelähmt ist.

»Immer und ewig« erzählt vom Reisen. Es ist ein Roadtrip, der nach Griechenland und nach Sizilien führt. In dem sich alltägliche Szenen mit intimen Gesprächen über die Krankheit, die Beziehung der Eltern und das Sterben mischen. Das ist traurig zuweilen. Aber auch unheimlich lustig. So zum Beispiel, wenn der Mann den Wagen neben einem Parkverbotsschild abstellt und zu seiner Frau sagt, »Wir parken hier ja gar nicht, wir leben hier«. Oder wenn die Tochter der Mutter von den Streitereien, der Eltern erzählt, an die sie sich aus ihrer Kindheit erinnert, und die Mutter sie mit großen Augen anstarrt, »das haben wir gemacht?« fragt und schließlich, als die Tochter sie überzeugt hat, »das ist ja toll«.

Eine aufwändig produzierte Dokumentation, die zeigt wie schwer das Leben mit einer schweren Krankheit für alle Beteiligten sein kann, aber auch, was möglich ist, wenn man den Willen zum Leben aufrecht erhält. Im Gespräch am Ende, bei dem die Protagonisten anwesend sind, spricht eine Frau aus, was viele in dem voll bepackten Kino zu denken scheinen, »Vielen Dank für diese Inspiration«. Es folgt lang anhaltender Applaus. Für den Film und für diese Beziehung, die Fanny Bräuning gemeinsam mit ihrem Kameramann, auf so wunderbar zärtliche Weise eingefangen hat.

JOSEF BRAUN

»Immer und ewig«

Internationales Programm | Schweiz | 2018 | Dokumentarfilm | 85 Minuten | schweizerdeutsch | englisch Untertitel | Weltpremiere

Originaltitel: Immer und Ewig
Land: Schweiz
Jahr: 2018
Sprache: schweizerdeutsch
Untertitel: englisch
Laufzeit: 85 min.
Format: DCP
Farbe: Colour and B&W
Regie: Fanny Bräuning
Produktion: Thomas Thümena
Kamera: Pierre Mennel
Schnitt: Catrin Vogt
Musik: Olivia Pedroli
Ton: Patrick Becker, Jean-Pierre Gerth
Buch: Fanny Bräuning

https://filmfinder.dok-leipzig.de/de/film/?ID=22108&title=Immer+und+Ewig

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