»#Female Pleasure« zeigt Ursprünge globaler Frauenverachtung
»Feminismus nervt«, meinte einmal hellsichtig die Slamerin und Autorin Sarah Bosetti – das müsse er aber auch, solange Gleichberechtigung unter den Geschlechtern nicht hergestellt sei. Solange patriarchale Strukturen herrschen, bleibt er notwendig – da kann man(n) nach #meetoo etc. auch noch so genervt die Augen rollen. Dass das patriarchale Korsett nicht nur mit Frauen etwas macht, wird übrigens von solch Genervten auch gern übersehen.
»#Female Pleasure« geht der Negation des Weiblichen in den Religionen nach. Der Film begleitet fünf Protagonistinnen, die ihre Erfahrungen mit Misogynie gemacht haben. Es geht um Vergewaltigung, Genitalverstümmelung und generelles Mundtotmachen im Hinduismus, Katholizismus und Islam. Zwangsverheiratung in der jüdischen Orthodoxie ist ein Thema und die Frauenfeindlichkeit im japanischen Buddhismus. Alle fünf Erzählungen sind schlagende Beispiele für eine weltweit herrschende Frauenfeindlichkeit, wo Frauen immer das Andere sind und als das Andere für minderwertig erachtet werden. Sie sind – in den religiösen, aber auch weltlich gesellschaftlich fortwirkenden Narrativen – die Verführerinnen und damit Sünde pur. Feindlichkeit gegenüber und damit einhergehende Normierung des weiblichen Körpers finden sich ebenfalls überall. Besonders illustrierend ist das Beispiel einer japanischen Künstlerin, die wegen Obszönität angeklagt wurde: Sie hatte ihre Vagina als 3-D-Ausdruck-Vorlage ins Internet gestellt. Zeitgleich ist es in Japan kein Problem ein Fruchtbarkeitsfest zu feiern, an dem zu Dutzenden eindeutig erkennbare Penisstatuen in ritueller Prozession mit rhythmischen Auf-und-Abwärtsbewegungen durch die Gemeinde getragen werden.
Der Film zeigt aber auch aufklärerische Ansätze, in denen Frauen und Männer gemeinsam das Problem angehen. Wenn etwa in Indien für die Liebesheirat geworben wird, oder weinende junge Männer gezeigt werden, die das erste Mal mit der tatsächlichen Realität von Genitalverstümmelung konfrontiert werden. Und diese Praxis mitgenommen Unrecht nennen. Der Film kommt ohne viel Beiwerk und Extra-Erklärung aus, weil die klugen Protagonistinnen alles liefern. Von ihrer Betroffenheit abstrahierend kommen sie zu erhellenden Reflexionen auf Genese und Ist-Zustand der frauenverachtenden Gesellschaften von heute. Man kann es nicht oft genug sagen und zeigen.
TOBIAS PRÜWER
#FEMALE PLEASURE
Spätlese | Schweiz, Deutschland | 2018 | Dokumentarfilm | 97 Minuten | deutsch, englisch, japanisch | deutsch Untertitel | Internationale Premiere
CineStar 5 / 31.10.2018 / 19:00 / 8,50 EUR / #324
Originaltitel: #Female Pleasure
Land: Schweiz, Deutschland
Jahr: 2018
Sprache: deutsch, englisch, japanisch
Untertitel: deutsch
Laufzeit: 97 min.
Format: DCP
Farbe: Colour
Regie: Barbara Miller
Produktion: Philip Delaquis, Arek Gielnik
Kamera: Anne Misselwitz, Gabriela Betschart, Akiba Jiro
Schnitt: Isabel Meier
Musik: Peter Scherer
Ton: Tom Weber
Buch: Barbara Miller
https://filmfinder.dok-leipzig.de/de/film/?ID=22332&title=%23Female+Pleasure